Wir bleiben in Verbindung ... und verstärken das Seil:
Wir bleiben in Verbindung – gerade jetzt.
Die Wiederholung der Überschrift des Jahresberichts 2020 drückt aus, dass die mittlerweile 24 Monate der Pandemie ein herausforderndes Erleben sind.
Corona hat neben den physischen und ökonomischen Folgen erhebliche psychosoziale Folgeprobleme gebracht. Diese bilden sich auch in unserer Beratungsarbeit ab, wie dieser Jahresbericht zeigen wird.
Beginnen möchte ich mit meinem Dank und Respekt für den engagierten Einsatz der Mitarbeitenden: ohne den läuft Nichts!
Insbesondere die Motivation der Mitarbeitenden bildete eine gute Grundlage dafür, dass wir im Lockdown weiter arbeiten konnten und sogar einen erheblichen Zuwachs der Beratungsarbeit bewältigten.
Jeder war gefordert, die eigenen Haltungen und das jeweilige Sicherheitsbedürfnis zu hinterfragen: ob und unter welchen Bedingungen in Präsenz beraten kann, braucht Vertrauen in die Hygienemaßnahmen und Vertrauen in die Stellenleitung, dass die individuelle Haltung von Belang ist.
Zur Entspannung trugen die Impfstoffe bei, die seit Mitte des Jahres verfügbar waren.
Darüber hinaus haben wir miteinander gelernt, wie wichtig es ist, für die eigene innere Stabilität zu sorgen: Zeit für Lachen, Liebe, Leichtigkeit herbeizuführen! Das kann in Krisenzeiten auch ein zugewandtes, aufmerksames Team leisten.
Im Jahr 2021 verzeichneten wir einen Zuwachs der Beratungsprozesse von 14%.
Selbst in den verschiedenen „Lockdowns“ zu Beginn des Jahres hatten wir eine hohe Nachfrage, die zur Jahresmitte deutlich anstieg und auch bis in dieses Jahr hinein anhält.
Unser Angebot der wöchentlichen Sprechstunden, zeitnah und niedrigschwellig einen Kontakt zur Beratungsstelle herzustellen, ist weit im Voraus ausgebucht!!
Das zeigen auch die Zahlen: die Nachfrage 2021 ist die höchste der letzten 3 Jahre (in Klammern das Vorjahresergebnis) der Lebensberatung.
Wir führten 317 (279) Beratungsprozesse durch, 426 (360) Personen waren beteiligt in 1237 (949) Gesprächen.
Wider Erwarten sind die Video-, und Telefonberatungen nur gering angestiegen: von 114 im Jahr 2020 auf 131 im Jahr 2021.
So hilfreich sich Beratung mit diesen Medien im Lockdown gestaltete – umso deutlicher war die Abkehr davon mit Beginn des Impfschutzes zu beobachten: die überwiegende Mehrheit der Ratsuchenden zeigt nach wie vor ein hohes Interesse an Gesprächen in Präsenz!
Dank unseres anspruchsvollen Hygienekonzeptes (Abstand, Handhygiene, 3G Regel) konnte dies auch durchgehend aufrecht erhalten bleiben.
Ebenso erhöht hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in den Familien der Ratsuchenden leben: 298 (273) unter 21-Jährige wurden bei uns gezählt.
Diese durchgeführten Elternberatungen entsprechen dem Auftrag des SGB VIII, hier den Paragraphen 16 – 28 und 41 und hatten 2021 einen Anteil von 35 % unserer Arbeit.
Die Altersverteilung der Ratsuchenden zeigt 2 Tendenzen: zum einen ist die stärkste Gruppe 27-35 Jahre alt, nehmen wir die 18-35-Jährigen dazu, stellen sie nahezu ein Drittel der Klienten. Am anderen Ende der Altersverteilung stehen die Menschen 55-65 und über 65 – in allen Bereichen wurde Beratung verstärkt in Anspruch genommen.
Die Belastung durch die Pandemie ist generell schwer zu verkraften, auch für Gesunde. Gleichzeitig kann sie sich bei schon zuvor belasteten Menschen extrem nachteilig auswirken. In der Gesellschaft haben Depressionen zugenommen, Menschen mit z. B. Posttrauma-Erkrankungen leiden vielfältig.
Dementsprechend sehen wir im Bereich der Einzelberatungen Steigerungen der psychosomatischen Symptome, der stimmungsbezogenen Probleme und des depressiven Erlebens sowie des Erlebens von Verlust und traumatischer Erlebnisse.
Beratungsarbeit kann diese Erkrankungen begleiten und versuchen zu stabilisieren – die Behandlung dieser psychischen Erkrankungen benötigt kompetente Psychotherapie und ausreichend freie Therapieplätze.
Alarmierende Ergebnisse zeigen sich bei den Partnerbezogenen Themen: die Bereiche des Streitverhaltens, Tätlichkeiten und Gewalterfahrungen sowie Gewalt in der Familie haben um 6% zugenommen und bilden die traurige „Spitzengruppe“
Die Themen Trennung und Scheidung sind nach wie vor relevant.
Ein Rückgang hingegen finden wir bei den „beziehungserhaltenden Anlässen“ wie z. B. „Kommunikationsprobleme“.
Meiner Beobachtung nach ist das auch ein Ergebnis des Leidensdrucks und der Überforderung während der Pandemie. Menschen, die zu Gewalt greifen, sind ratlos und verzweifelt. Besonders Familien und allein Erziehende hatten unverhältnismäßig stressige Lebensumstände und sind erschöpft! Wertschätzung für die Leistungen während der Pandemie fehlt noch immer.