Jahresbericht der Bahnhofsmission für 2019

Geben, Teilen und Handeln“, normales Tagesgeschäft für die Mitarbeitenden der Bahnhofsmission. Täglich widmen wir den Menschen, die unsere Einrichtung aufsuchen, unsere Zeit und Aufmerksamkeit  und werden da, wo es nötig ist, aktiv, handeln und holen Hilfe von außen oder vermitteln zu entsprechenden Fachstellen weiter. Der Anspruch sollte es sein, dass die Hilfe auch „fair“ also auf Augenhöhe gewährt wird, damit sie ohne Scham angenommen werden kann. Es braucht niedrigschwellige Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen. 

Statistik

  • Im Jahr 2019 hatten die Mitarbeitenden der Bahnhofsmission insgesamt 4707 Kontakte zu Hilfesuchenden. 3822 Personen hielten sich mehr oder weniger lange in der Bahnhofsmission auf. Im Vergleich zum Vorjahr (2923 Kontakte) ist das eine Steigerung um 38%. Dieser Anstieg erklärt sich zum einen mit einer neuerlichen Erweiterung unserer Öffnungszeiten. Die Bahnhofsmission hat inzwischen an zwei Werktagen ganztägig von 9.00 – 17.00 Uhr und an den anderen drei Werktagen nachmittags von 13.00 – 17.00 Uhr geöffnet. 
    Zum anderen beobachten wir aber auch allgemein eine stärkere Frequenz der Einrichtung. 
  • Es gab 193 seelsorgerische bzw. beratende Gespräche, 42 Kriseninterventionen, in 257 Fällen hatten wir in Zusammenhang mit Hilfesuchenden Kontakt zu Dritten oder vermittelten an andere Fachstellen weiter. In 124 Fällen leistete die Bahnhofsmission materielle Hilfen in Form von Kleidung, Schlafsack, Isomatte oder Hygieneartikeln.
  • Nach wie vor stellt die Gruppe der Menschen, die sich in besonderen sozialen Schwierigkeiten befinden, mit 50% die größte Gruppe unter den Hilfesuchenden dar. Und von diesen wiederum sind 86% männlich. 18% hatten zudem finanzielle Schwierigkeiten. 
  • Zu den sozialen Schwierigkeiten der Gäste kommen häufig auch noch psychische und/oder Suchterkrankungen hinzu. Davon sind 41% der Hilfesuchenden betroffen.
  • Ebenfalls 18 % der Menschen, die uns aufsuchten, hatten eine körperliche und/oder geistige Beeinträchtigung. 
  • Mit 870 (18 %) Personen stellt die Gruppe der Reisenden nach wie vor einen eher geringen Teil aller Hilfsanfragen. Konkrete Reisehilfe am Zug leisteten die Mitarbeitenden 267 Mal. In 43 Fällen wurde zudem mit anderen Bahnhofsmissionen zusammengearbeitet.
    In der zweiten Jahreshälfte wurde die ICE-Trasse zwischen Kassel und Hannover erneuert, was zur Folge hatte, dass Hildesheim 6 Monate lang nur im zweistündigen Takt von den ICEs angefahren wurde.
  • Ein neues und nicht unbedeutendes Betätigungsfeld ist der Bahnhofsmission durch die Dauerproblematik mit der einzigen öffentlichen, aber meist defekten Bahnhofstoilette erwachsen. Das Beschwerdemanagement mit den frustrierten und verärgerten „Toilettenkunden“ dokumentieren wir deshalb seit Herbst 2018 in der Statistik. Im Jahr 2019 hatten wir 564 Kontakte zu sanifair-Kunden, die uns wegen der geschlossenen oder verschmutzten Toilette aufsuchten. 


Das Team der Mitarbeitenden

Die Hildesheimer Bahnhofsmission zählte im Jahr 2019 neben den zwei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen (Leiterin mit 25 Wstd. und stellvertr. Leiterin bzw. Koordinatorin des Projekts „Lernort Bahnhof“ mit 19,5 Wstd.) neun ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind zwei Studenten, die in den Semesterferien und auch während des Semesters einmal wöchentlich hier Dienst tun. Mehrere Ehrenamtliche kommen 2-3 Mal die Woche, sodass wir unsere Öffnungszeiten in 2019 um zwei Vormittagsschichten erweitern konnten.  Die Schichten sind immer mit mindestens zwei Personen besetzt, die häufig noch von ein bis zwei Schüler-Praktikanten verstärkt werden. 

Mit zum Team gehört außerdem seit  Anfang des Jahres „Sammy“, unser Assistenzhund. Der Labradoodle kommt mehrmals wöchentlich mit der stellvertr. Leiterin zum Dienst. Er wirkt äußerst beruhigend auf  die Gäste, wird von ihnen heiß geliebt und trägt mit seiner sanften Art positiv zum Klima im Gastraum bei. Schon auf der Fahrt zur „Arbeit“ im Stadtbus macht er mit seinem Dienstgeschirr mit Bahnhofsmissions-Logo auf sich und unsere Einrichtung aufmerksam. Seit Sommer besitzt Sammy zudem eine Freifahr-Karte des SVHi für seine Dienstfahrten. Sie wurde Sammys Besitzerin mit großer Presseresonanz übergeben. Die Verlängerung der Freifahrtkarte auf das Jahr 2020 ist im Dezember auch schon bewilligt worden.

Öffentlichkeitsarbeit und Aktivitäten

Im Verlauf des Jahres 2019 gab es neben dem Tagesgeschäft wieder zahlreiche Termine, bei denen die Bahnhofsmission ihre Aufgaben der Öffentlichkeit präsentieren konnte. 

  • Eine Volkshochschul-Gruppe, die sich regelmäßig zu thematischen Stadtrundgängen trifft, war an Gleis zwei zu Besuch.  
  • Die Leiterin der Bahnhofsmission war zu mehreren Veranstaltungen (Seniorenstammtisch, Frauenfrühstück, Landfrauentreffen u.a.) in Kirchengemeinden der Stadt und des Landkreises eingeladen, um dort von der Arbeit der Bahnhofsmission zu berichten.  Gerade im Landkreis, wo viele auf das Auto angewiesen sind und selten die Bahn nutzen, sind die Aufgaben und Leistungen, die die Bahnhofsmission für Reisende mit Unterstützungsbedarf anbietet, oft wenig bekannt. 
Ein Gast der Bahnhofsmission freut sich über den Gewinn des Präsentkorbs
  • Im April wurde der alljährliche „Tag der Bahnhofsmission“ in der Hildesheimer Bahnhofshalle dazu genutzt, um Passanten, Bahnhofsbesucher und Gäste zu informieren oder auch mögliche Interessenten für die ehrenamtliche Mitarbeit in der Einrichtung zu gewinnen. Neben einer Andacht und musikalischem Begleitprogramm eines überregionalen Posaunenchors hatten die Mitarbeitenden eine Tombola vorbereitet. Diese war mit vielen interessanten, gespendeten Preisen bestückt. Einen der Hauptpreise, einen Präsentkorb, gewann einer unserer Stammgäste. Der wohnungslose Mann hatte Tränen der Rührung und Freude in den Augen. 
  • Die Volksbank Hildesheim förderte mit 200,-€ aus den Reinerträgen des VR-Gewinnsparens die Anschaffung von benötigter Dienstkleidung für den Sommer. Die T-Shirts mit Bahnhofsmissions-Logo waren bei den neuerlichen Rekordtemperaturen des vergangenen Sommers ein Segen für die Mitarbeitenden.
  • Im Mai machte ein Teil des Teams einen Studientag in Uelzen anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Bahnhofsmission in Uelzen. Hier gab es neben den Feierlichkeiten eine kostenlose Führung durch den berühmten Hundertwasser-Bahnhof.
  • Ende Juni beteiligte sich das Team der Bahnhofsmission mit einem eigenen Tisch an der „Ökumenischen langen Tafel“, die in der Burgstraße als Verbindungsweg zwischen katholischem Dom und evangelischer Michaeliskirche symbolisch für die gelebte Ökumene unter Hildesheimer Christen zum gemeinsamen Mahl unter freiem Himmel einlud. Bei bestem Sommerwetter war dies ein sehr schöner Abend mit vielen interessanten Gästen und Gesprächen über Gott und die Welt und auch die Bahnhofsmission.
  • Ein weiterer Höhepunkt im Jahr 2019 war die zentrale Jubiläumsfeier in Berlin anlässlich des 125 jährigen Bestehens der Institution Bahnhofsmission. Die Leiterin sowie fünf Ehrenamtliche machten sich zu der zweitägigen Fahrt nach Berlin auf den Weg. Die Fahrtkosten für alle Bahnhofsmissionen übernahm die Deutsche Bahn, für die Übernachtungskosten gab es einen Zuschuss vom Diakonischen Werk Niedersachsen, und auch die Hildesheimer Bürgerstiftung unterstützte uns mit 200,- €. 
  • Mehrmals im Jahr boten die Ehrenamtlichen einen „Schnittchentag“ für die Gäste der Bahnhofsmission an. Finanziert wurden die liebevoll von den Mitarbeiterinnen belegten Schnittchen von einem privaten Spender, der den bedürftigen Gästen auf diesem Weg eine Freude machen möchte. Am 6. Dezember konnten wir mithilfe des Spenders außerdem eine Nikolausfeier mit den Gästen feiern, bei der jedem ein kleines Säckchen mit Nützlichem (warme Wollsocken, Duschgel, Zahnbürste, Schokolade) überreicht wurde.
  • Den Abschluss des ereignisreichen Jahres 2019 bildete wieder die Weihnachtsandacht in der Bahnhofshalle am 4. Advent, die zusammen mit Superintendent Peisert, dem Posaunenchors St. Michael und dem Team der Bahnhofsmission vorbereitet wurde. 

Rückblickend können wir sagen, dass die Präsenz der Bahnhofsmission in der öffentlichen Wahrnehmung der Stadt und innerhalb der Kirchengemeinden in den letzten zwei Jahren spürbar zugenommen hat. Sie ist ein wichtiger Bestandteil des sozialen Netzes für Bedürftige in Hildesheim und das wird auch anerkannt. Das freut uns sehr.