Jahresbericht 2023 des Fachbereichs Migration, Flucht und Ehrenamt

Den Menschen, denen wir täglich in unserer Arbeit begegnen, kommen aus den unterschiedlichsten Ländern und bringen viele multikulturelle Lebensstile, familiäre Prägungen und individuelle Erlebnisse mit. Diese tragen sie, mal mehr und mal weniger schwer als „Rucksack“ auf ihren Schultern. Eines haben die Ratsuchenden gemeinsam: Sie haben ihre Heimat verlassen (müssen) und suchen unsere Beratung auf, um auf unterschiedlichste Weise Unterstützung zu erhalten, damit dieser „Rucksack“ nicht noch schwerer wiegt. Gelingt es uns als Mitarbeiter*innen des Fachbereichs Migration und Integration die Sorgen und Alltagsprobleme dieser Menschen zu mindern?

Das ist die Frage, die wir uns als Mitarbeitende in diesem Berufsfeld immer wieder stellen. Wir geben in der Beratung und durch verschiedene Projekte Hilfestellung in Sachen Bürokratie, wir hören zu und informieren, vermitteln und bewältigen Hindernisse, bauen Brücken gemeinsam mit den Ratsuchenden. Sicherlich kommen wir dabei oft an strukturelle oder auch persönliche Grenzen. Daher besteht ein Teil unserer Arbeit auch darin, auf strukturelle Hindernisse und Barrieren aufmerksam zu machen und mögliche Lösungskonzepte an Entscheidungsträger heranzutragen. Diese Aufgabe betrachten wir allerdings als eine gesamtgesellschaftliche.

Auch wenn wir in unserem Arbeitsalltag an den vielen kleinen und großen Aufgaben viel Zeit und Energie aufwenden und mitunter an Grenzen kommen, so verlieren wir dabei das große Ganze nicht aus den Augen: Die vielfältigen Menschen, die in Deutschland eine neue Heimat finden, bringen ein unglaublich hohes Potenzial und bedeutsame Ressourcen mit. Durch die Förderung von unvoreingenommener Begegnung verschiedenster Kulturen auf Augenhöhe, durch Integrationsprojekte und Formate zum Austausch zwischen vielfältigen Kulturen, durch Beratung und Wissensaustausch entstehen gemeinsam in Vielfalt neue kreative Lösungen, kann gesellschaftlichen Ängsten entgegengewirkt werden und der Wille zu einer friedlichen und diversen Gesellschaft gefördert werden.

Wir erkennen die großen Möglichkeiten und Chancen für unsere Gesellschaft in der Arbeit mit den vielfältigen Menschen, die unsere Beratung aufsuchen. Wir sehen die Sprachkompetenzen, die unterschiedlichen beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen und vor allem die unglaubliche Resilienz, die Menschen durch ihre Biografien entwickelt haben. Dieses vielfältige Potenzial steckt in jedem manchmal schwerwiegenden „Rucksack“ geflüchteter Menschen oder Menschen mit Migrationsgeschichte. Das sichtbar zu machen, motiviert uns in unserer Arbeit in unserem multikulturellen Team und hilft uns, bei der Bewältigung der alltäglichen Hindernisse in der Migrations- und Integrationsarbeit.

Seit fast 9 Jahren besteht der Fachbereich aus einem multiprofessionellen Team, das mehr als zehn Sprachen spricht.  Die Mitarbeiter*innen setzen sich für Neuzugewanderte beratend und politisch ein und unterstützen integrative sowie ehrenamtliche Strukturen. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die (dezentrale) Beratung und Begleitung für Zugewanderte, Geflüchtete und Ehrenamtliche. Zum Angebot des Fachbereichs gehören verschiedene Beratungen und Projekte, die im Folgenden dargestellt sind.

Integrationshelfer*innen im süd-östlichen Landkreis Hildesheim

Zum Team der Integrationshelfer*innen gehören Jennifer May, Hanan Alshik-Yousef, Beate Ziegenfuß und Omar Al Mustafa, die für die Beratung und Begleitung von Geflüchteten und Ehrenamtlichen in den Regionen Bad Salzdetfuth, Bockenem, Holle und Lamspringe verantwortlich sind.

Bad Salzdetfurth und Lamspringe

Das Jahr 2023 war geprägt von Neuregelungen und Einführungen neuer Verordnungen und Antragsverfahren, dem Öffnen neuer Großunterkünfte und der weiterhin ungeregelten Beratungssituation in bestehenden Großunterkünften.

Durch die veränderte Aufnahmeregelung der ukrainischen Geflüchteten stiegen die Anfragen von UkrainerInnen, aber auch ehrenamtlichen HelferInnen, zum neuen Registrierungsprozess, der Leistungsbeantragung und der Familienzusammenführung, sowie der damit verbundenen Änderung der Wohnortwahl.

Mit der Einführung des Bürgergeldes und den damit verbundenen Änderungen des Antrages, benötigten viele anerkannte Geflüchtete wieder Hilfestellung beim Ausfüllen der Unterlagen. Hinzu kam die unklare Namensgebung, die dazu führte, dass auch viele Geflüchtete im laufenden Asylverfahren oder bereits Berufstätige fragten, ob ihnen diese Leistungen zustehen. Aber auch viele ältere Menschen in der Grundsicherung fragten nach, wie und wo sie diese Leistungen beantragen könnten.

Durch den Umbau und die Eröffnung der ehemaligen Realschule in Lamspringe als Unterkunft für Geflüchtete und der fehlerhaften Kommunikation über die Beratungsleistung innerhalb der Einrichtung, stiegen auch hier die Beratungsanfragen stark an.

Zudem sorgte die weiterhin ungeregelte Beratungssituation im ehemaligen Relexa-Hotel mit ca. 100 ukrainischen Geflüchteten und der geplanten Erweiterung um ca. 130 Plätze für Menschen im Asylverfahren für einen Anstieg der Beratungsanfragen.

Auf Grund der schwierigen Erreichbarkeit der Ausländerbehörde für die Klient*innen, stieg auch wieder der Hilfebedarf bei der Unterstützung der Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung an.

Bockenem

Im Jahr 2023 waren die Zahlen der Geflüchteten, die durch das Team in Bockenem betreut wurden und die Beratungsstelle aufsuchten enorm steigend. Der Zuzug von Ukrainer*innen war nicht mehr so groß, jedoch gab es wieder vermehrt Zuweisungen von Geflüchteten aus aller Welt, insbesondere aber aus Syrien, Afghanistan und Kolumbien.

Die ungeregelte Situation der Betreuung in den beiden Hotels, mit zusätzlich 70 Plätzen verschärfte die Beratungsdichte noch weiter.

Die Zahl der Klient*innen hat sich in kurzer Zeit nahezu verdoppelt. Da sich die Personalsituation nicht wesentlich verändert hat, konnten die Menschen nicht mehr mit der notwendigen Intensität unterstützt werden. Die Qualität unserer Integrationsarbeit leidet darunter ebenso wie die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeitenden. Katja Pape-Kürstein bietet in Bockenem schwerpunktmäßig ein Beratungsangebot für ukrainische Zugewanderte und Menschen aus der EU an. Im Jahr 2023 hat sie viele Menschen aus der Ukraine und aus Bulgarien beraten, bei Facharztterminen begleitet und bei der Integration unterstützt.

Holle 

In Holle wurden Asylbewerber*innen und bereits anerkannten Flüchtlinge in Holle untergebracht und beraten. Zu den Nationalitäten zählten beispielsweise Menschen aus Kolumbien, Irak oder Türkei. Die Beratung, die sowohl für Asylbewerber als auch für anerkannte Flüchtlinge angeboten wird, spielt wesentliche eine Rolle bei der Integration und dem Wohlbefinden dieser Menschen. Beratung findet hauptsächlich in Präsenz und durch Hausbesuche statt, um eine direkte Unterstützung und Interaktion zu gewährleisten. Die Beratung fokussiert sich nicht nur auf asylrechtliche Themen, sondern auch auf sozialrechtliche, psychosoziale oder gesundheitliche Fragen.

Migrationsberatung für Erwachsene Zugewanderte in Hildesheim

In der Beratungsstelle in Hildesheim wurden 275 Fälle (davon 36 Fälle im Casemanagement) von den Migrationsberater*innen Elena Vogel und Mandy Steinberg dokumentiert und im KIBnet erfasst. Damit sind insgesamt 275 Ratsuchende einschließlich mitberatener Personen erreicht worden. Die Ratsuchende aus der Ukraine (50 Personen) und aus Syrien (51 Personen) sind die größten Gruppen im Jahr 2023 geblieben. Die zweitgrößte Gruppe bilden Klient*innen aus Syrien – 45 Personen, während im Jahr 2022 das nur 21 waren. Die zweitgrößte Gruppe bildete der Personenkreis aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Die Zahl der Ratsuchenden ist mit 38 Personen in Jahren 2022 und 2023 konstant geblieben. Zu den weiteren häufigeren Beratungspersonen zählten Menschen aus dem Irak, Iran, Afghanistan, Bulgarien, Russischer Förderation, Kasachstan und den übrigen afrikanischen Ländern. Insgesamt spiegeln die Herkunftsländer die Gesamtverteilung von Zuwanderer im Stadtgebiet wider. Im Rahmen der Beratung zeigte sich ein zunehmendes Interesse für die Einbürgerung. Rückblickend haben sich die Beratungsinhalte kaum geändert: die häufigsten Fragen kommen weiterhin aus dem sozialrechtlichen Bereich bzw. aus dem SGB II-Bereich. Onlineberatung sowie Video- oder Telefondolmetschen wurden im Jahr 2023 nur durch Mandy Steinberg angeboten und individuell nachgefragt. Da Elena Vogel russisch spricht war in der Beratung russischsprachiger Klient*innen keine Dolmetscherhilfe notwendig. Außerdem waren haben die MBE-Mitarbeitenden auch im Jahr 2023 an dem von der Stadt Hildesheim initiierten Projekt „zusammenHalt“ teilgenommen. Das Begegnungs- und Beratungszentrum 'zusammenHalt' ist eine erste Anlaufstelle für geflüchtete Menschen. Die Migrationsberatung wird von verschiedenen Wohlfahrtsverbände abwechselnd einmal monatlich im Rahmen einer Sprechstunde angeboten. Lion von Steimker und Mailien Broszeit unterstützten die Migrationsberatung während ihres Anerkennungsjahres als Sozialarbeiter*in.

Frauenspezifische Projekte in Hildesheim, Bockenem und Peine

Frauen und Beruf

Seit Juli 2023 unterstützt Maryam Davari das Hildesheimer Team und bietet schwerpunktmäßig Beratungen für Frauen an, die farsi, dari oder türkisch sprechen. Außerdem hat sie in Kooperation mit dem Begegnungszentrum Hi.punkt ein Frauencafé ins Leben gerufen, das einmal wöchentlich stattfindet und sehr gut angenommen wird. Des Weiteren bietet sie ein wöchentliches Frauensprachcafé an, das eine Plattform bietet, um die (berufsspezifische) Sprache zugewanderter Frauen zu verbessern. In Patenschaften, sozusagen von ehrenamtliche für zugewanderte Frauen lernen sich die Teilnehmenden kennen, so dass neben der Sprache auch Bekanntschaften oder Freundschaften entstehen können.

„Frauen gemeinsam in die Zukunft“ in Hildesheim (Weltcafé)

Im Projekt „Frauen gemeinsam in die Zukunft“ für Frauen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte geht es um ein wichtiges und aktuelles Thema: Frauen bei der Orientierung auf dem deutschen Arbeitsmarkt zur Seite zu stehen, Perspektiven und Chancen aufzuzeigen und beim Bewältigen von Hindernissen zu unterstützen.

Dazu finden Einzelberatungen und ein wöchentliches Frauencafé im Michaelis Weltcafé statt. In der Gruppe haben die Teilnehmerinnen die Möglichkeit ihre Erfahrungen auszutauschen, Inhalte und Themen zu gestalten und Wissen- und Orientierung zum Thema Arbeit in Deutschland zu erhalten.

Außerdem gibt es kreative Einheiten, Ausflüge oder Besuche von kulturellen Veranstaltungen. Das Projekt gibt es in Hildesheim seit Oktober 2020 und voraussichtlich bis Ende 2024.

Zudem kamen mit Peine und Bockenem im Jahr 2023 zwei weitere Standorte im Landkreis für das Projekt hinzu.

„Frauen – gemeinsam in die Zukunft“ in Peine

Seit Juli 2023 wird das Projekt „Frauen – gemeinsam in die Zukunft“ von Daphne Meckoni in Peine geleitet.  Wie auch am Standort in Hildesheim gibt es neben Einzelberatungen ein niedrigschwelliges Gruppenangebot. Der wöchentliche Frauentreff, welcher im Familienzentrum am Martin Luther Kindergarten stattfindet, startete im Januar 2024.

Hier kommen die teilnehmenden Frauen in einen Austausch, können eine berufliche Perspektive entwickeln und gemeinsam Deutsch lernen. In Peine wird das aus landeskirchlichen Mitteln finanzierte Projekt voraussichtlich bis Juni 2025 laufen.

„Frauen – gemeinsam in die Zukunft“ in Bockenem

Wie an den anderen Projektstandorten bietet auch der Standort in der Beratungsstelle in Bockenem Einzelberatung für Frauen an und ein wöchentliches Frauencafé in  einem Vereinsheim. Das Angebot wird von den Frauen als wichtiger Ort der Begegnung und des Austausches angenommen. Außerdem ergeben sich aus den wöchentlichen Treffen häufig Themen und Bedarfe, so dass weitergehende Beratungsgespräche geführt werden oder interessante Ideen in weiteren Gruppentreffen wieder aufgegriffen werden.

Psychologische Beratung Geflüchteter in Peine

Ulrike Stille-Kretschmer ist in Peine für die Psychologische Beratung Geflüchteter zuständig. Bedingt durch eine Langzeiterkrankung werden für das Jahr 2023 nur die Zahlen für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni dargestellt.

In dieser Zeit fanden bei 17 Klient*innen (11 Frauen und 6 Männer) aus 9 Ländern insgesamt 63 Einzelberatungen statt. Davon hatten 7 Personen einen sicheren Aufenthaltstitel. Unter den 17 Ratsuchenden waren 2 Jobcenter-Klienten (Psychosoziale Beratung).

Im Mai / Juni fand eine Stabilisierungsgruppe für ukrainische Frauen statt, die Edite Bokarius im Rahmen ihrer Bachelorarbeit geleitet hat. Inhaltlich wurden Skills zur Stressreduktion vermittelt.

Der Arbeitskreis ´psychische Gesundheit Geflüchteter´ ist nach wie vor ein wichtiges Netzwerk unterschiedlicher AkteurInnen aus Stadt und Landkreis mit dem Ziel, Synergien zu bündeln. Er hat sich das ganze Jahr über getroffen.

Weltcafé in Hildesheim

Sprachcafé

Das Sprachcafé wurde im Jahr 2023 wieder tatkräftig durch sehr engagierte Ehrenamtliche unterstützt und hat sich gut etbaliert. In Patenschaften begleiteten Ehrenamtliche Neuzugewanderte, die schriftliche oder sprachliche Hilfe benötigten. Die Nachfrage Neuzugewanderte an einer Teilnahme ist sehr hoch. Das Weltcafé sucht weiterhin Personen, die Lust haben sich einmal wöchentlich ehrenamtlich in netter Atmosphäre für andere Menschen einzusetzen.

Weltcafé auf Reisen

Aufgrund steigender Beratungszahlen konnten im Jahr 2023 weniger gemeinsame Begegnungsangebote umgesetzt werden. Wir blicken auf einige wenige Aktionen mit positiven Gedanken zurück. Wie beispielsweise der Besuch des Wintermärchens im Schloss Marienburg, der allen gut gefallen hat.

Internationaler Frauentag

Das Team Hildesheim feierte gemeinsam den internationalen Frauentag mit Nachbarn, Klient*innen und interessierten Frauen. Die Veranstaltung war sehr gelungen und wurde von den Teilnehmenden gut angenommen. Neben Essen, Blumen und Getränken entstand ein reger Austausch über die Rechte der Frauen in Deutschland und im internationalen Vergleich bzw. der jeweiligen Herkunftsländer der Frauen.

 

Veranstaltungen

Ehrenamt und Netzwerkarbeit

Alle Mitarbeiter*innen unterstützen und fördern die Netzwerk- und Ehrenamtsarbeit und somit wesentliche integrative Strukturen. Bis zum Jahr 2022 hatten einige Mitarbeitende feste Stellenanteile für die Ehrenamtsarbeit. Diese Förderung war jedoch größtenteils befristet. Die Finanzierung zur Stärkung des Ehrenamtes ist bedauerlicherweise nicht mehr verfügbar. Dies ist deutlich spürbar, auch bei anderen Wohlfahrtsverbänden. Die Etablierung und Aufrechterhaltung dieser Strukturen sind von hoher Bedeutung und wir hoffen darauf, dass dieser Bereich zukünftig politisch wieder gestärkt wird, so dass Mittel und Stellen vorhanden sind. Obwohl die Stellenanteile fehlen und hohe Beratungsanfragen kaum noch zeitliche Kapazitäten übriglassen, sehen wir es als unsere Verpflichtung einige Projekte und Angebote zur Gewinnung, Wertschätzung und Stärkung fortzuführen oder als Netzwerker*in aktiv zu sein. Dazu zählen beispielsweise die Teilnahme die Teilnahme an Runden Tischen, Arbeitskreisen wie z.B. der Arbeitskreis „Koordinierung Ehrenamt in der Geflüchtetenarbeit“ und damit verbundene Organisation von Veranstaltungen wie der Fachtag Integration und Migration sowie das jährliche Dankesfest. Auch im letzten Jahr wurde das Dankesfest mit bis zu 180 Gästen im Ahoi in Hildesheim gemeinsam mit den Ehrenamtlichen gefeiert.

Foto: Mandy Steinberg,Arbeitskreis Koordinierung Ehrenamt in Stadt und Landkreis Hildesheim

Von links nach rechts: Bernd Beyer (Landkreis Hildesheim, Leyla Kaplan (Johanniter), Lion von Steimker (Diakonisches Werk Hildesheim), Saba Sanjarani (Brücke der Kulturen e.V.), Mandy Steinberg (Diakonisches Werk Hildesheim), Kordula Eggers (Caritasverband für Stadt und Landkreis Hildesheim e.V.), Elena Vogel (Diakonisches Werk Hildesheim), Meike Biskup (Stadt Hildesheim)

Flüchtlingsunterkunft in Grasdorf

In der Flüchtlingsunterkunft in Grasdorf wurden im Jahr 2023 geflüchtete Personen aus verschiedenen Nationalitäten betreut. Es wurden Menschen aus Liberia, Namibia, Kolumbien, Irak, Iran, Afghanistan, Sudan, Türkei, Elfenbeinküste, Gambia und Indien untergebracht. Aufgrund des Wohnungsmangels wurden Zimmer wieder doppelt belegt, was ein höheres Konfliktpotenzial bot. Die psychische Labilität einiger Bewohner*innen erforderte im Umgang ein hohes Maß an Sensibilität und psychiatrischem Wissen. Um weitergehende Teilhabe für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen zu ermöglichen unterstützten Ehrenamtliche die Arbeit und Bewohner*innen tatkräftig. Die Zusammenarbeit läuft sehr zufriedenstellend. So wurde beispielsweise ein Grillen organisiert oder vereinzelt Ausflüge mit einigen Bewohner*innen.

Weitere Aktionen in 2023 waren u.a.

21.03. – Tag gegen Rassismus, Puls in Hildesheim
07.06. – Markt der Integration, Angoulèmplatz Hildesheim
20.06. – Aktion am Weltflüchtlingstag, Angoulèmplatz Hildesheim
30.06. – Fachtag Integration und Migration beim Landkreis Hildesheim
05.07. – Wiese der Möglichkeiten
13.09. – Aktionstag Migration (Austauschrunde mit dem Netzwerk        kommunaler Migrationsdienste, Vertreter*innen aus Stadt und Landkreis Hildesheim sowie Politik)

Statistik

 

Dienststellen / zuständige Region

 

Anzahl der Klient*innen


Anzahl der Beratungen und Begleitungen 

Integrationshilfe im süd-östlichen Landkreis Hildesheim

 

 

Bad Salzdetfurth/Lamspringe

301

532

Bockenem

730

2630

Holle

22

120

Hildesheim

275

694

Flüchtlingsunterkunft Grasdorf 

30

588

Frauenprojekte Hildesheim, Peine, Bockenem

114

344

Arbeit mit psychisch belasteten Geflüchteten in Peine

17

63

Gesamt

1489

4971

     

In der Statistik nicht erfasst sind Anzahl der Ehrenamtlichen in den jeweiligen Regionen und Beratungen. Die Zahl der Ehrenamtlichen liegt bei ca. 70, eine Beratung liegt durchschnittlich bei 6 Gesprächen, so dass wir von mindestens 400 zusätzliche Beratungen für Ehrenamtliche ausgehen. 

 

Herausforderungen

  • Personelle Besetzung reichte für Falldichte nicht aus      Großer Bedarf nach Sprachkursen
  • Sprache: Anmeldung zu Sprachkursen und Integrationskursen, Vermittlung an Bildungsträger
  • Kinder benötigen Lernförderung für den Start in der Schule
  • Bildung: Beschäftigungserlaubnis und Berufsfindung, sowie Ausbildung und Anerkennung von Bildungs-, Berufsabschlüssen
  • Kinder und Familie: Schule, Kita und Betreuung während der Sprachkurse
  • Gespräche und Weitervermittlung bei psychosozialen Problemlagen
  • Beratung in schwierigen Lebenssituationen und die entsprechende Weiterleitung zu adäquaten Fachdiensten
  • Asyl, Aufenthalt, Verfahrensablauf und Vorbereitung auf das Interview zur Erteilung des Schutzstatus oder zur Überprüfung des erteilten Schutzstatus beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Vermittlung an Rechtsanwälte bei negativem Bescheid; Begleitung von Härtefallverfahren
  • Zusammenarbeit mit Rückkehrberatungsstellen und Begleitung in Fällen der freiwilligen Rückkehr
  • Fragen zu Sozialleistungsansprüchen (AsylbLG und SGB II)
  • Beantragung von Sozialleistungen Bürgergeld, (Kindergeld, Elterngeld, Grundsicherung im Alter, Wohngeld, Unterhaltsvorschuss)
  • Wohnen (Wohnungsmangel, Wohnungssuche, Umzüge, Landkreis-/Stadtwohnraum) und Hilfe bei der Wohnungssuche
  • Aufgrund der Wohnungsnot werden Wohnungen in den Ortsteilen des Landkreises Hildesheim belegt. Die schlechte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist eine zusätzliche Belastung und Integrationshürde
  • Gesundheit und Kostenübernahme, sowie Anmeldung bei Krankenkassen
  • Medizinische Versorgung / Termine bei Fachärzten
  • Kontaktunterstützung und Weitervermittlung zu anderen Institutionen, Behörden, (Fach-) Ärzten, Fachdienste, Schulen und Betrieben
  • Traumatisierungen und die Initiierung von adäquater Therapie
  • Kontakt und Terminvergabe der Ausländerbehörde findet fast ausschließlich über die Beratungsstelle statt
  • Familienzusammenführung innerhalb Deutschlands und Europa, sowie Familiennachzug aus dem Heimatland zu subsidiär

Resümee

Das Jahr 2023 war geprägt durch gesetzliche Änderungen oder Vorhaben u.a. in den Bereichen Rückkehrverbesserungsgesetz, Fachkräfteeinwanderungsgesetz oder Staatsangehörigkeitsgesetz. Aber bedauerlicherweise auch durch fortwährende politische Konflikte u.a. in Afghanistan, Iran, Ukraine-Russland-Krieg, in Nordsyrien oder dem Konflikt zwischen Israel und dem Gaza-Streifen. Trotz Pushbacks an den Außengrenzen kommen auch zukünftig Menschen aus anderen Ländern, die auf der Flucht sind, in großer Not sind und Familien, die zusammengeführt werden können. Umso wichtiger ist es die Strukturen und Stellen des Fachbereichs aufrecht zu erhalten, zusammen zu halten und perspektivisch zu sichern. Die Tätigkeiten an den verschiedenen Standorten verlangen ein hohes Spektrum an interkultureller Sensibilität, Sprache, strukturellem, politischem, rechtlichem, pädagogischem, teils psychiatrischem und psychologischem Wissen ab. Trotz der hohen Belastung und stetig steigenden Beratungszahlen war es dem Team im Jahr 2023 möglich, mit einer professionellen Arbeitsweise, Supervisionen, Achtsamkeit und persönlicher Selbstfürsorge das hohe Arbeitsvolumen zu bewältigen. Doch eine Ressourcenerweiterung ist für die weitere effektive Arbeit notwendig. Der Fachbereich Migration und Integration konnte durch weitere Stellenfinanzierungen gesichert und erweitert werden. Doch dies reicht längst nicht aus. Berechnungen zufolge benötigt das Team mindestens 10 Personalstellen mehr um den Menschen und Integrationsarbeit gerecht zu werden. Das Jahr 2023 hat die Mitarbeitenden an ihre Grenzen gebracht. Wir sehen eine zwingende Notwendigkeit mehr finanzielle Mittel für die Beratungstätigkeit und integrative Projekte bereit zu stellen. Deshalb haben sich die Wohlfahrtsverbände mit dem neuen Netzwerk der kommunalen Migrationsdienste und mit der Kreisarbeitsgemeinschaft dazu entschieden noch enger zusammen zu arbeiten. Hierbei ist es gelungen einen Forderungskatalog zu erstellen, der wesentliche Punkte, die geändert werden müssen, benennt um mit dem Katalog Landes-/kommunaler Politik sowie Kommunen zu erreichen und einzuladen. Passend zum Jahresmotto „Gemeinsam in Vielfalt“ ist es den Mitarbeitenden und Vertreter*innen der Wohlfahrtsverbände gelungen an einem Aktionstag im September 2023 „alle“ Beteiligten auch aus Stadtverwaltung, Kommunal-/Landespolitik „an einen Tisch zu holen“. Die Aktion ist als erfolgreich anzusehen, weil weitere Treffen im Jahr 2024 geplant sind und bereits spürbar ein besserer Kontakt und ein erhöhtes Interesse Wohlfahrt miteinzubeziehen entstanden ist. Eines der wichtigsten Forderungsziele ist jedoch die soziale Infrastruktur im Migrations-/integrationsbereich zu verbessern einschließlich der aktuellen Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden und Ehrenamtsstrukturen zu stärken.

Foto: Kilian Schwartz

 

DANKE !

… für die gute inhaltliche, fachliche, kooperative und finanzielle Unterstützung unserer Arbeitsbereiche! Wir bedanken uns für die Unterstützung durch die evangelische Landeskirche Hannover, Diakonische Werk in Niedersachsen, Haus kirchlicher Dienste, Evangelische Erwachsenbildung, Kirchengemeinden in den Kirchenkreisen Peine, Hildesheimer Land-Alfeld, Hildesheim-Sarstedt, Stadt Hildesheim, Landkreis Hildesheim, Stadt/Landkreis Peine Kommunen Bad Salzdetfurth, Lamspringe, Elze, Alfeld, Holle/Grasdorf und Bockenem, Flüchtlingsrat Niedersachsen, Jobcenter, Sozialpsychiatrischer Dienst, Bildungseinrichtungen, kooperierenden Wohlfahrtsverbänden, Initiativen und Vereinen. Dazu zählen z.B. Asyl e.V., DRK, AWO, Caritas, Brücken der Kulturen, Johanniter. Insbesondere möchten wir uns bei den Ehrenamtlichen bedanken, die sich weiterhin so stark engagieren.

Mitarbeiter*innen

Bad Salzdetfurth
Jennifer May: Integrationshelferin
Valerie Seeger: Assistenz Integrationshilfe

 

Bockenem
Beate Ziegenfuss: Integrationshelferin, Ehrenamtskoordinatorin und Projektleitung „Frauen und Flucht“ ab Oktober 2023
Hanan Alshik-Yousef: Integrationshelferin
Katja Pape-Kürstein: Integrationshelferin
Omar Almustafa: Sozialarbeiter im Anerkennungsjahr (bis 30.03.2024)

 

Grasdorf
Beratung und Begleitung für Geflüchtete in der Flüchtlingsunterkunft
Omar Almustafa: Beratung und Betreuung
Sameh El-Sharkawy: Beratung und Betreuung
Ibrahim Yöndes (Bis März 2023): Beratung und Betreuung

 

Hildesheim
Elena Vogel: Migrationsberaterin für Erwachsene Zugewanderte ab 27 Jahren
Jana Kuschel: Projektleitung „Frauen und Flucht“
Lion von Steimker: Sozialarbeiter im Anerkennungsjahr (bis 30.03.2024)
Mailien Broszeit: Sozialarbeiterin im Anerkennungsjahr (bis 30.03.2023)
Mandy Steinberg: Migrationsberaterin für Erwachsene Zugewanderte ab 27 Jahren und Fachbereichsleitung
Maryam Davari: Projektleitung: Frauen und Beruf

 

Holle
Ibrahim Yöndes: Integrationshelfer (Bis März 2023)
Omar Almustafa und Beate Ziegenfuß: Integrationshelfer*innen (ab April 2023)

 

Peine
Daphne Meckoni: Projektleitung „Frauen und Flucht“
Ulrike Stille-Kretschmer: Psychologische Beratung und Begleitung traumatisierter Flüchtlinge