Neun Teilnehmer beim diesjährigen Projekt „Babybedenkzeit“ der Oberschule Bockenem
Mutter auf Probe statt Osterferien: Neun Schülerinnen aus dem 10. Jahrgang der Oberschule Bockenem haben in der Woche vor dem Osterfest für drei Tage ein Baby mit nach Hause genommen. Natürlich kein echtes, wie Diplom-Sozialpädagogin Christina Hense-Schenk vom Diakonischen Werk in Bockenem betont, sondern einen so genannten Babysimulator.
Doch das da Puppen in den Kinderwägen und Maxi Cosi liegen, war den meisten Passanten bei Spaziergängen durch die Heimatorte gar nicht aufgefallen. Da gab es dann auch schon einmal Hilfsangebote, fing das „Baby“ auf einmal an zu schreien oder „Ach wie niedlich“-Rufe. Gesprächsthema waren die jungen Mütter auch bei den Arbeitsstellen der Eltern. Das alles war für die Jugendlichen aber kein Negativgrund. Alle waren sich einig: Das „Babybedenkzeit“ genannte Projekt ist definitiv empfehlenswert.
Und das, obwohl es gar nicht so einfach war, die drei Tage durchzustehen. Insgesamt 16 verschiedene Programme konnte Leiterin Hense-Schenk für die Puppen einstellen. Mal waren die Babys stundenlang am wimmern, mal über längere Zeit gar nicht und dafür dann in der Nacht umso häufiger. Die Tagesabläufe echter Eltern sind Grundlage für die Simulatoren, sodass diese durchaus realen Bedingungen entsprechen. Daher waren einige der Mädchen am nächsten Tag auch sehr müde. „Es haben aber immer alle toll mitgemacht, trotz des Schlafentzuges“, lobte die Leiterin ihre Gruppe. Jeden Tag trafen sich die neun Mädchen, Hense-Schenk sowie Petra Schlote und Anita Ebert, zwei Studenten von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim, die als Helfer mit dabei waren.
Füttern, wickeln oder einfach nur beruhigen – die Jugendlichen mussten alle Aufgaben übernehmen, die sie später auch als echte Eltern haben. Anhand eines Computers konnte dann später festgestellt werden, ob sie alles richtig oder Fehler gemacht haben. Wurde der Kopf immer gestützt und wurde das Baby nicht geschüttelt oder fallengelassen? Auch dies wird ausgewertet. Die „Kurzzeit-Mütter“ haben aber weitestgehend alles richtig gemacht, ergab die Auswertung.
Auch wenn alle schon ein paar Erfahrungen mit Babys oder Kleinkindern hatten, zum Beispiel bei Verwandten oder durch Babysitting, so waren sie zuvor doch aufgeregt und sehr gespannt. „Ich habe mich auf das Projekt gefreut, hatte aber auch Angst davor, überfordert zu werden“, meinte eine der Jugendlichen. Sie waren allesamt gut vorbereitet, hatten beim ersten Treffen bereits Babysachen und Maxi Cosis dabei.
Eigentlich sollte das Projekt bereits im Januar stattfinden. Doch aus verschiedenen Gründen musste es in die Ferien verlegt werden. „Das wird sich aber etablieren. Es hat den großen Vorteil, dass die Jugendlichen dann nicht übermüdet in die Schule müssen“, meint die Sozialpädagogin Hense-Schenk.
Besonders gut gefallen hat den Jugendlichen der Besuch einer Gynäkologin am zweiten Tag. Sinnvoll sei auch die Telefonbereitschaft der Leiterin. Sie war rund um die Uhr erreichbar. Schwierig sei dagegen das Wachbleiben in der Nacht gewesen. Auch das häufige Nörgeln ohne erkennbaren Grund sei auf Dauer anstrengend gewesen. Bei zwei Jugendlichen musste der Babysimulator zwischenzeitlich abgeschaltet werden, sie waren erkrankt. Trotzdem sagten hinterher alle neun Teilnehmer, sie hätten viel gelernt. Zudem, da waren sich alle einig, bei einem eigenen Kind sei das noch etwas anderes. Und eigene Babys wollen die Jugendlichen allesamt. Die Einstellung dazu hat sich durch de „Babybedenkzeit“ nicht geändert.
Bereits seit 2007 gibt es dieses Projekt jährlich in Zusammenarbeit von Diakonie und der Oberschule. Die Durchführung in der Schule obliegt Sabine Meißner. Erstmals mit im Boot war auch die Gleichstellungsbeauftragte Simone Guder. Sie sicherte die Finanzierung.
Dieser Artikel erschien auch in der Seesener Tageszeitung Beobachter